Aktueller Fall: zu Unrecht abgeschleppt in Kiel
Heute ein Fall aus dem Bußgeldrecht: Während der Heimspiele von Holstein Kiel im Holsteinstadion sind in der Projensdorfer Straße die Halteverbotsschilder aufgeklappt (oder sollten es zumindest sein). Fahrzeuge, die dort geparkt sind, werden dann regelmäßig abgeschleppt. Nicht immer rechtmäßig, wie zwei aktuelle Fälle über Abschleppvorgänge im April 2022 zeigen. In beiden Fällen erging wegen des Parkverstoßes ein Bußgeldbescheid. In einem Fall wurde anschließend auch ein Leistungsbescheid über die Abschleppkosten durch die Landeshauptstadt Kiel erlassen.
Zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte. Dem Leistungsbescheid zufolge sollen meine Mandanten mit ihren Fahrzeugen durch verbotswidriges Parken die öffentliche Sicherheit gestört haben. Mein Mandant soll sein Fahrzeug im "absoluten Halteverbot" gehalten haben und damit andere behindert haben.
Beim genaueren Hinsehen stellte sich jedoch folgendes heraus:
Zum einen befand sich in dem Bereich, in dem mein Mandant sein Fahrzeug abstellte, gar kein Halteverbot. Dieses fing erst später an, gleichwohl wurde er abgeschleppt, ein Bußgeldbescheid erlassen und ihm die Kosten des Abschleppvorganges nebst den Verwaltungsgebühren auferlegt. Unabhängig davon wäre ein Halteverbot in dem Bereich ohnehin rechtswidrig gewesen. Die Anordnung für das damalige Heimspiel umfasste nämlich einen Halteverbotsbereich von Hausnummer 79 bis 97 bzw. Haus 82 bis 90 man Mandant stellte sein Fahrzeug jedoch unstreitig außerhalb dieses Bereiches ab. Im Bereich des Halteverbots waren entsprechende Schilder (VZ283-10/20/30 - Halteverbot-Anfang/Ende/Mitte) aufzustellen. Für den Bereich in der Projensdorfer Straße, in dem mein Mandant parkte, gab es eine solche Anordnung ausdrücklich nicht! Mangels einer zugrundeliegenden Anordnung wäre ein dort aufgestelltes Schild rechtswidrig und ein Abschlepp-/Umsetzvorgang damit ebenfalls rechtswidrig. Insbesondere damit ist eine Gefährdung anderer ausgeschlossen!
Darüber hinaus sind die Schilder m.E. in der gesamte Projensdorfer Straße in rechtswidriger Weise aufgestellt worden. Die vorhandenen mobilen Schilder (sie sind aufklappbar) sind parallel zur Fahrbahn aufgestellt Damit widerspricht es den Regelungen der StVO. Dort heißt es unter Abschnitt 8 (Halt- und Parkverbote) unter der laufenden Nummer 61: „Der Anfang der Verbotsstrecke kann durch einen zur Fahrbahn weisenden waagerechten weißen Pfeil, das Ende durch einen solchen von der Fahrbahn wegweisenden Pfeil gekennzeichnet sein. Bei der Verbotsstrecke wiederholenden Zeichen weist eine Pfeilspitze zur Fahrbahn, die zweite Pfeilspitze von Ihr weg, um das zu gewährleisten, sind solche Verbotszeichen mit Pfeil im „spitzen Winkel zur Fahrbahn“ anzubringen.“ (Verwaltungsvorschrift zu der Ziffer 3 III zu den Zeichen 283 und 286). Der Sinn und Zweck des Ganzen ist ganz einfach. Dadurch, dass die Pfeile zu der Fahrbahn hin oder von der Fahrbahn weg zeigen, ist deutlich, was damit gemeint ist. Das ist in diesem Fall allerdings nicht der Fall. die Pfeile zeigen nämlich weder zur Fahrbahn noch davon weg, damit ist Sinn und Zweck der Beschilderung nicht gegeben.
Es zeigt sich also: es lohnt sich, den einzelnen Abschleppvorgang genauer zu betrachten. Nicht immer sind die Bescheide richtig. So in diesem Fall: beide Bußgeldbescheide und der Leistungsbescheide waren rechtswidrig. Die Kosten - auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen - also die Anwaltskosten trug die Staatskasse und das sowohl im Bußgeldverfahren als auch im Widerspruchsverfahren über die Abschleppkosten.