Adresse: Holstenbrücke 2, 24103 KielTelefon: 0431 - 22 18 15 20

E-Mail: ed.tlawnasthcer-repeoh%40ielznakTelefax: 0431- 22 18 15 22

Adresse: Holstenbrücke 2, 24103 KielTelefon: 0431 - 22 18 15 20

E-Mail: ed.tlawnasthcer-repeoh%40ielznakTelefax: 0431- 22 18 15 22

Bundesgerichtshof zur Fälschung von Impfbescheinigungen

Bundesgerichtshof zur Fälschung von Impfbescheinigungen

Medizinstrafrecht: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Urteil vom 10.11.2022 eine Entscheidung zur Fälschung von Impfbescheinigungen gefällt. Der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig (der u.a. für Revisionen gegen Urteile der Landgerichte in Hamburg und Schleswig-Holstein zu ständig ist) hält die Fälschung von Impfbescheinigungen auch nach der alten Rechtslage für strafbar. 

Rückblick: Für die Vorlage von gefälschten Impfpässen galt bislang:

Das Landgericht Osnabrück (Aktenzeichen: 3 Qs 38/21) hielt das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats nach der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden - aber nun überholten - Rechtslage nicht für strafbar. Nach Ansicht der 3. großen Strafkammer des LG Osnabrück liege eine Strafbarkeitslücke vor.

Zwar sei ein Impfpass ein Gesundheitszeugnis im Sinne von §§ 277, 279 StGB, die Vorlage erfolge jedoch nicht bei einer Behörde, sondern in einer Apotheke. Eine Apotheke sei nach Ansicht des Gerichtes keine Behörde, vielmehr handele es sich bei einer Apotheke um ein privates Unternehmen, welches sich nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung einordnen lasse. Nach Ansicht der großen Strafkammer lag auch keine Urkundenfälschung nach § 267 StGB vor, da die spezielleren Regelungen der §§ 277, 279 StGB den Rückgriff auf die allgemeinen Reglungen der Urkundenfälschung sperren würde. Es sei auch keine Strafbarkeit nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG gegeben. Dieser Straftatbestand könne nur von Ärzten begangen werden. Nach Ansicht des LG Osnabrück sei das Gebrauchen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses daher im privaten Bereich nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden Rechtslage straffrei.

Der Gesetzgeber hat prompt reagiert und das Infektionsschutzgesetz erneut geändert (BT-Drs. 20/15). Nach der seit dem 24.11.2021 geltenden Rechtslage ist die Vorlage strafbar.§ 279 StGB lautet nun:"Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr von einem Gesundheitszeugnis der in den §§ 277und 278 bezeichneten Art Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist. "

Von einer Behörde ist nun keine Rede mehr in § 279 StGB, so dass sich die Rechtslage nach der Änderung des StGB seit dem 24.11.2021 maßgeblich verändert hat. Das Vorzeigen von gefälschten Impfausweisen in Restaurants, in Kinos und Apotheken ist nach der geänderten Rechtslage strafbar.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10. November 2022 - 5 StR 283/22 ist jetzt klargestellt, dass auch die alte Rechtslage beim Fälschen von Impfbescheinigungen bereits zur Strafbarkeit führte, wie der Pressemitteilung des BGH zu entnehmen ist:

"Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2022 einen Freispruch des Landgerichts Hamburg im Zusammenhang mit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Das Landgericht hatte den Angeklagten am 1. März 2022 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer – inzwischen rechtskräftigen – Freiheitsstrafe verurteilt, ihn vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung indes freigesprochen. Die gegen den Freispruch gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte insgesamt 19 unrichtige Impfbescheinigungen aus. Gegen ein Entgelt trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte oder bereits ausgestellte Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes. Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der CoViD-19-Pandemie war dem Angeklagten bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten, etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen ihrer Person, vorlegen würden.

Das Landgericht hat sich insoweit aus Rechtsgründen an einer Verurteilung des Angeklagten gehindert gesehen und ihn daher freigesprochen.

Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung (a. F.) sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Insoweit hat der Bundesgerichtshof keinen Rechtsfehler festgestellt.

Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe. Dies hat der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerhaft beanstandet und deshalb den Freispruch aufgehoben.

Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das Landgericht gefolgt ist, handelt es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine "Sperrwirkung" gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier - nicht (vollständig) erfüllt ist.

Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.

Vorinstanz:

Landgericht Hamburg - Urteil vom 1. März 2022 – 634 KLs 8/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 267 StGB Urkundenfälschung

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

[…]

§ 277 StGB Fälschung von Gesundheitszeugnissen (in der bis 23.11.2021 gültigen Fassung)

Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugnis verfälscht und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 277 StGB Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen (in der ab 24.11.2021 gültigen Fassung)

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist." (Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes 161/22 vom 10.11.2022)

Nach diesem Urteil dürfte jetzt feststehen: auch nach altem Recht ist das Gebrauchen (also das Vorzeigen) eines gefälschten Impfpasses strafbar.