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Aktuelles zum Kinderwunsch- und Reproduktionsrecht

Aktuelles zum Kinderwunsch- und Reproduktionsrecht

Die Gerichte haben aktuell in mehreren Entscheidungen zur Rechtslage rund um den unerfüllten Kinderwunsch Stellung genommen. So wurde obergerichtlich geklärt, dass auch unverheiratete Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine künstliche Befruchtung gegen ihre private Krankenversicherung haben, selbst wenn die Versicherungsbedingungen dies ausschließen.

Hingegen wurde die in einigen Versicherungsbedingungen enthaltene Beschränkung der Kostenerstattung auf bis zu drei Behandlungszyklen für wirksam erachtet.

Des Weiteren wurden nunmehr obergerichtliche Regeln aufgestellt, in welchen Fällen die PID und PKD erstattungsfähig sind. Schließlich hat auch der Bundesfinanzhof bestätigt, dass ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 Embryonenschutzgesetz (ESchG) nicht vorliege, wenn zwar mehr als drei Eizellen befruchtet werden, aber lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zum Zwecke der Übertragung entstehen sollen.

Private Krankenversicherung – keine Ehe notwendig

In dem ersten Urteil ging es um einen Versicherungsvertrag, in dessen Bedingungen geregelt war, dass nur verheiratete Paare Anspruch auf Kostenerstattung für eine künstliche Befruchtung haben.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in dem Urteil vom 13.10.2017 (Az.: 12 U 107/17) erstmalig festgestellt, in welchem Umfang Artikel 3 Grundgesetz (GG) über § 307 BGB auf privatrechtliche Beziehungen einwirkt, soweit der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen weder aufgrund seiner Organisationsstruktur, noch aufgrund der Verfasstheit seiner Anteilseigner nach Artikel 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Das Oberlandegericht Karlsruhe kommt in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass für die Inhaltskontrolle von AGB über § 307 BGB ein objektiver Maßstab gelte und deshalb aufgrund der Bedeutung des Krankenversicherungsschutzes jedenfalls für die Tarifbedingungen des privaten Krankenversicherers keine willkürlichen Differenzierungen zwischen Vertragspartnern mit gleicher Interessenlage enthalten sein dürfen. Eine Ungleichbehandlung der Versicherten aufgrund von willkürlich gewählten Differenzierungsmerkmalen stelle so das Oberlandesgericht Karlsruhe aufgrund der Ausstrahlung des Artikels 3 Grundgesetz eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB dar.

Die Anknüpfung an den Familienstand für die Erstattung der Kosten von Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung aufgrund von organisch bedingter Sterilität sei nach Ansicht des Oberlandesgerichtes willkürlich; ein sachlicher Grund für diese Differenzierung sei im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien nicht ersichtlich.

Dies ist umso bemerkenswerter, als dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 28.02.2007 den Ausschluss einer Kostenerstattung für eine künstliche Befruchtung für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V als sachlich gerechtfertigt angesehen hat. Das Oberlandesgericht geht jedoch davon aus, dass die dortigen Erwägungen auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen seien und sich nicht auf das Verhältnis der Parteien eines privaten Krankenversicherungsvertrages übertragen lassen.

Das sind gute Nachrichten für unverheiratete Paare – jedenfalls, wenn sie einen Anspruch gegen eine private Krankenversicherung geltend machen wollen.

Während gesetzlich Versicherte verheiratet sein müssen, stellt das Oberlandesgericht Karlsruhe klar, dass auch unverheiratete Paar Anspruch auf Kostenerstattung der Aufwendung einer künstlichen Befruchtung gegen ihre private Krankenversicherung haben, selbst wenn die Versicherungsbedingungen eine Ehe vorschreiben. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Karlsruhe ist diese Klausel unwirksam.

In dem zweiten Fall ging es um einen Versicherungsvertrag, in der eine solche Klausel nicht vorhanden war. In solchen Fällen, in denen die Versicherungsbedingungen keine Regeln über die Frage, ob das Paar verheiratet sein muss, enthalten sind, gilt bereits seit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 11.11.2016 (Az.: 20 U 119/16), dass der Versicherungsnehmer für die Kostenerstattung für die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung nicht verheiratet sein muss. Das Oberlandesgericht Karlsruhe führt hierzu aus:

„Es fehlt an einem entsprechenden Ausschlusstatbestand in den AVB der Beklagten. Entsprechend ist deshalb allein die medizinische Notwendigkeit, die aber eben gerade nicht davon abhängt, dass die versicherte Person verheiratet ist, da „auch die organisch bedingte Sterilität als solche – unabhängig von ihren konkreten körperlichen Krankheitsursachen – […] als regelwidriger Körperzustand einzuordnen sei“ (vgl. BGH Urt. v. 17.12.19.86, IV a ZR 78/85).“

Beschränkung in den Versicherungsbedingungen auf drei Behandlungszyklen wirksam

Die neueren Versicherungsbedingungen in der privaten Krankenversicherung sehen oftmals eine Beschränkung des Anspruches auf drei Behandlungszyklen vor. Enthalten die Versicherungsbedingungen keine solche Einschränkung gilt, dass der Versicherte einen Anspruch hat, so lange die IVF/ICSI-Behandlung eine Erfolgswahrscheinlichkeit von wenigstens 15 % hat.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in dem oben genannten Urteil festgestellt, dass die Tarifbedingungen die Kostenerstattung wirksam auf bis zu drei Behandlungszyklen beschränken. Durch die Beschränkung wird der Versicherungsnehmer nach Sicht des Oberlandesgerichtes nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB).

Insoweit sind dies schlechte Neuigkeiten für Versicherungsnehmer, bei denen diese Versicherungsbedingungen wirksam in den Versicherungsvertrag miteinbezogen wurden.

PID/PKD erstattungsfähig?

Das Gericht hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Fortpflanzungsfähigkeit der Versicherungsnehmerin durch eine chromosomale Veränderung stark beeinträchtigt war, so dass es in dem Fall nicht allein darum ging, die Übertragung einer erblich bedingten Krankheit auf das Kind zu verhindern. Es war also ohnehin eine künstliche Befruchtung notwendig. Die Frage, ob ohne Einschränkung der Fertilität die Kosten einer PKD oder PID erstattungsfähig sind, wenn diese Maßnahmen allein dazu dienen, die Übertragung einer Genmutation auf den Embryo zu vermeiden, bedurfte daher keiner Entscheidung. Das Oberlandesgericht Köln hatte einen solchen Anspruch mit Urteil vom 17.06.2016 (Az.: 20 U 163/14) verneint.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe führte dazu aus:

„Dem Anspruch der Klägerin steht auch das grundsätzliche Verbot der PID nach § 3 a Abs. 1 Embryonenschutzgesetz nicht entgegen. Allerdings hat der Versicherer nur Aufwendung für solche Heilbehandlung zu ersetzen, die nach deutschem Recht erlaubt sind. Hier greift jedoch die Ausnahmeregelung des § 3 a Abs. 2 ESchG. Danach ist die zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durchgeführte PID nicht rechtswidrig, wenn aufgrund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt, das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht oder wenn die PID zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos erfolgt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird. Zur Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit bzw. einer Tot- oder Fehlgeburt besteht bei einer Wahrscheinlichkeit von 25 % bis 50 %.“

In dem von dem Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall war deshalb ein Sachverständigengutachten über die Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt eingeholt worden.

Anzahl der befruchteten Eizellen

In der Vergangenheit war zwischen den Privatkrankenversicherten und den privaten Krankenversicherungsunternehmen streitig, ob die Versicherungsunternehmen die Kosten von der Befruchtung von mehr als drei Eizellen zu tragen haben. Von den Versicherern wurde das Verbot aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG als Argument herangezogen mit der Begründung, dass eine Befruchtung von mehr als drei Eizellen sogar einen Straftatbestand darstellte.

Die Rechtsprechung hat § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG jedoch so ausgelegt, dass ein solcher Verstoß gegen die „Dreier-Regel“ nicht vorliege, wenn zwar mehr als drei Eizellen befruchtet werden, aber lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zum Zwecke der Übertragung entstehen sollen und der Behandlung eine vorherige sorgfältige individuelle Prognose zugrunde liegt. Dabei handelt es sich um den sogenannten „deutschen Mittelweg“. Der Bundesfinanzhof hat sich mit Urteil vom 17.05.2017 (Az.: IV R 34/15) ebenfalls mit dieser Frage aus steuerrechtlicher Sicht beschäftigt und die Rechtmäßigkeit des deutschen Mittelweges bestätigt.

Nach alledem hat nunmehr erstmalig auch ein oberstes Bundesgericht sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und im Sinne der Versicherungsnehmer beantwortet. Eine mit dieser Begründung vorgenommene Reduzierung der Kostenerstattung ist also rechtswidrig.

Haben Sie Fragen zur künstlichen Befruchtung und zum Recht um den unerfüllten Kinderwunsch? Dann wenden Sie sich an

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Axel Höper