Künstliche Befruchtung: Krankenkasse muss drei Versuche mit derselben Methode der Kinderwunschbehandlung zahlen
Das LSG Berlin-Brandenburg hat - einer Pressemitteilung vom 29.10.2024 zufolge - eine für die Praxis bedeutsame Auslegung der Vorschrift vorgenommen, nach der die Krankenkassen die Kosten für drei erfolglose Versuche der Kinderwunschbehandlung übernehmen müssen. Für die Anzahl der erfolglosen Versuche ist nur auf dieselbe Behandlungsmethode abzustellen; dass daneben auch weitere erfolglose Versuche mit anderen Methoden unternommen wurden, ist grundsätzlich unbeachtlich.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem richtungsweisenden Urteil (Az. L 16 KR 101/22) entschieden, dass gesetzliche Krankenkassen drei erfolglose Versuche einer Kinderwunschbehandlung mit derselben Methode bezahlen müssen. Dabei dürfen Versuche mit unterschiedlichen Behandlungsmethoden nicht zusammengerechnet werden.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau mehrfach erfolglos Kinderwunschbehandlungen durchgeführt. Nachdem sie 2019 zwei weitere Behandlungsversuche mittels intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) unternahm, lehnte ihre Krankenkasse die Kostenübernahme ab. Die Begründung: Bereits mehr als drei Behandlungen seien fehlgeschlagen. Die Klägerin argumentierte, dass nur die ICSI-Versuche zählen dürften, nicht jedoch die Behandlungen mit anderen Methoden, wie der Kryokonservierung von Eizellen im Vorkernstadium.
Das Gericht gab der Frau recht und verpflichtete die Krankenkasse, die Hälfte der Kosten der beiden ICSI-Versuche aus dem Jahr 2019 zu übernehmen. Es stellte klar, dass laut § 27a Absatz 1 Nr. 2 SGB V bei der Zählung der erfolglosen Versuche nur dieselbe Methode berücksichtigt wird. Die Kryokonservierung sei nicht mitzuzählen, da diese Methode nicht in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für künstliche Befruchtung aufgeführt ist. Auch eine frühere Behandlung, die zu einer Fehlgeburt führte, wurde nicht als erfolgloser Versuch gewertet.
Das Gericht betonte, dass der Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung eine Zusammenzählung unterschiedlicher Methoden ausschließen. Damit gelten im konkreten Fall nur eine ICSI aus dem Jahr 2015 sowie die beiden ICSI-Versuche aus 2019 als relevante Behandlungen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das Gericht die Revision zugelassen. Die schriftliche Urteilsbegründung ist auf den Internetseiten des Landessozialgerichts veröffentlicht.
Rechtlicher Hintergrund:
Laut § 27a SGB V müssen Krankenkassen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bezahlen, wenn nach ärztlicher Einschätzung eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Wird dieselbe Methode jedoch drei Mal erfolglos angewendet, entfällt der Anspruch. Der G-BA regelt in seinen Richtlinien die anerkannten Methoden und Standards der künstlichen Befruchtung.
Das Thema künstliche Befruchtung ist aktueller denn je, im letzten Jahr wurden mit 131.000 drei Prozent mehr Behandlungszyklen vorgenommen als im Vorjahr.
(Bild generiert mit DALL-E, bereitgestellt von OpenAI. Nutzung gemäß den Lizenzbedingungen von OpenAI.)